Wirtschaftsfachwirt direkt nach Ausbildung – Einschätzung erbeten

  • Hallo zusammen,

    ich stehe vor dem Abschluss meiner Ausbildung zum Industriemechaniker. Rückblickend war diese Berufswahl ein großer Fehler – sie entstand eher aus jugendlichem Leichtsinn. Der Beruf liegt mir fachlich nicht, und nach einem schweren Motorradunfall ist mein rechtes Handgelenk dauerhaft eingeschränkt, was mir die Arbeit zusätzlich erschwert und das weitere arbeiten nach Abschluss der Ausbildung ausschließt.

    Wirtschaft hingegen war schon immer meine große Stärke. Ich habe im Februar eine UG gegründet, mit der ich erfolgreich hochwertige Outdoor-Produkte über Online Marktplätze verkaufe.
    Ich übernehme alle Aufgaben selbst: Produktentwicklung/Compliance, Import/Zoll aus China, Logistik, Listing, Einkauf, Buchhaltung und Analyse mit allen Controlling Aspekten – mein Unternehmen läuft bereits gewinnbringend. Durch sämtliche Dokumente kann ich auch meine Tätigkeit schriftlich belegen. Außerdem vergeht ja noch Zeit bis ich die Ausbildung beende, wodurch eventuell die Erfahrung und die Dauer der unternehmerischen Tätigkeit steigt.

    Meine Frage:
    Kann diese vollumfängliche selbstständige Tätigkeit (mit Gewerbeanmeldung + eidesstattlicher Erklärung) als Berufspraxis anerkannt werden, um direkt im Anschluss den Wirtschaftsfachwirt zu machen – trotz fehlendem Jahr in der Berufspraxis?

    Ich bin mir bewusst, dass ich einen Antrag der IHK stellen kann, um eine Einzelprüfung zu fordern. Möchte allerdings vorerst mir Meinungen anhören für eine bessere Einschätzung. Ich bin übrigens 19 Jahre alt.

    Freue mich über Meinungen und Erfahrungen.

    Viele Grüße
    Devin

  • Hallo Devin,

    da hilft ein Blick in die Verordnung:

    (1) Zur Teilprüfung „Wirtschaftsbezogene Qualifikationen“ nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ist zuzulassen, wer Folgendes
    nachweist:

    1. eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in einem anerkannten mindestens dreijährigen kaufmännischen
    oder verwaltenden Ausbildungsberuf oder
    2. eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in einem sonstigen anerkannten mindestens dreijährigen
    Ausbildungsberuf und danach eine mindestens einjährige Berufspraxis oder
    3. eine mit Erfolg abgelegte Abschlussprüfung in einem anderen anerkannten Ausbildungsberuf und danach
    eine mindestens zweijährige Berufspraxis oder
    4. eine mindestens dreijährige Berufspraxis.

    Demnach fielst Du unter Punkt 2 , vorausgesetzt, dass Deine Ausbildung mindestens drei Jahre gedauert hat, d.h. Du benötigst bis zur Teilprüfung WBQ ein Jahr Berufspraxis mit wesentlichen Bezügen zu den Aufgaben eines Gepr. Wirtschaftsfachwirtys. Das Jahr beginnt mit dem Abschluss Deiner Ausbildung.

    Die Inhalte der Fortbildung zum Gepr. Wirtschaftsfachwirt sind sehr breit gefächert und sogar für Menschen mit viel kaufmännischer Berufserfahrung herausfordernd. Je weniger Berufserfahrung bzw. kaufmännische Erfahrung vorliegt, desto schwerer wird der Transfer.

    Kurz gesagt, selbst wenn die IHK Deine bisherige Berufslaufbahn als ausreichend anerkennt und Dich zur Prüfung zulässt, könnte es herausfordernd sein, die Prüfungen erfolgreich abzulegen. Die Inhalte der Fortbildung sind anspruchsvoll und erfordern ein gewisses Maß an praktischer Erfahrung, um die Theorie im Berufsalltag anwenden zu können.

    Ich empfehle Dir, zunächst relevante Berufserfahrung zu sammeln oder eventuell eine weniger anspruchsvolle Weiterbildung in Betracht zu ziehen, um die Grundlagen zu festigen. So kannst Du später mit mehr Erfahrung und Wissen sowie einer richtigen Vorbereitung in die Fortbildung zum Wirtschaftsfachwirt starten.

    Viele Grüße
    Tiba

  • Hallo Devin,

    ich habe meine Weiterbildung zum Wirtschaftsfachwirt seit diesem Jahr abgeschlossen und war bisher in diesem Forum nur ein stiller Mitleser.

    Auch ich habe nach meiner Ausbildung, allerdings zum Industriekaufmann, den Wirtschaftsfachwirt direkt angehängt. Je nach wirtschaftlicher Vorerfahrung kann dir der Wirtschaftsfachwirt leichter oder auch schwerer fallen. Schaue dir dazu gerne mal den Rahmenlehrplan an, um festzustellen mit welchen Themen du evtl. schon Berührungspunkte hattest.

    Generell wird in diesem Forum der Wirtschaftsfachwirt allerdings schwieriger dargestellt als er ist. Natürlich ist Durchfallquote zunächst etwas besorgniserregend, allerdings kann ich aus Erfahrung sagen, gehen viele Fortbildungsteilnehmer davon aus, dass der alleinige Besuch an einem Fortbildungskurs ausreicht um die Prüfung zu bestehen.

    Mit einer hohen Motivation und guter Disziplin, sich auch mal in seiner Freizeit hinzusetzen, ist der Wirtschaftsfachwirt mehr als machbar.

    Viele Grüße

    Jonathan